In der Auswertung von Feldausfällen ist die Weibull-Verteilung das zentrale Werkzeug, um Muster in den Ausfallzeiten sichtbar zu machen. Besonders im Kontext von ESD (Electrostatic Discharge) und EOS (Electrical Overstress) liefert die Weibull-Analyse wertvolle Hinweise, ob wir es mit Frühschäden, zufälligen Ausfällen oder Verschleiß zu tun haben.


Warum Weibull?

Die Weibull-Verteilung ist extrem flexibel. Abhängig vom Formparameter β (Beta) beschreibt sie verschiedene Ausfallmuster:

  • β < 1: Infant Mortality – viele frühe Ausfälle, typisch für Produktionsfehler, ESD oder Handling-Probleme.
  • β ≈ 1: Zufällige Ausfälle – konstante Hazard-Rate, keine Zeitabhängigkeit.
  • β > 1: Verschleiß – steigende Ausfallrate, typisch für Alterung, thermische Belastung, Korrosion.

Der Skalenparameter η (Eta) beschreibt die „charakteristische Lebensdauer“: nach dieser Zeit sind rund 63 % der Population ausgefallen.


Visualisierung der Muster

Beispielhafte Weibull-Dichten für unterschiedliche β-Werte: früh (blau, β<1), zufällig (grün, β=1), verschleißbedingt (rot, β>1).


Maximum-Likelihood-Schätzung (MLE)

Um aus realen Daten β und η zu bestimmen, nutzt man die Maximum-Likelihood-Methode. Besonders praktisch: auch zensierte Daten (d. h. Teile, die am Ende des Beobachtungszeitraums noch nicht ausgefallen sind) können integriert werden.

Die Schätzung erfolgt in zwei Schritten:

  1. Für ein gegebenes β lässt sich η geschlossen berechnen.
  2. β selbst ergibt sich als Lösung einer eindimensionalen Gleichung, die man numerisch findet (z. B. Brent-Verfahren).

Praxisbeispiel mit Python

Für die Feldanalyse habe ich ein Python-Template entwickelt, das direkt mit Rückläuferdaten (CSV) arbeitet. Erwartete Spalten:

  • time_to_fail – Zeit bis Ausfall
  • event – 1 = Ausfall, 0 = zensiert
  • group – optional (z. B. Produkt, Kunde, Port)

Aufruf

python weibull_esd_template.py \

–csv rmas_weibull.csv \

–time time_to_fail \

–event event \

–group product \

–unit Tage \

–outdir out

Das Script gibt pro Gruppe aus:

  • β mit Konfidenzintervall
  • η (charakteristische Lebensdauer)
  • Klassifikation (früh / zufällig / verschleiß)

Interpretation in der ESD/EOS-Analyse

  • Früh (β < 1): starke Indizien für ESD- oder Handling-Schäden. Typisch: Rückläufer schon nach sehr kurzer Nutzungszeit.
  • Zufällig (β ≈ 1): keine klare Zeitabhängigkeit. Mögliche Ursachen: Umwelteinflüsse, kosmische Strahlung, vereinzelte Defekte.
  • Verschleiß (β > 1): deutet auf Alterungsmechanismen oder Überlast hin (z. B. EOS, thermische Ermüdung, Korrosion).

Fazit

Die Weibull-Analyse bietet eine statistische Lupe, um in den Rückläuferdaten Muster sichtbar zu machen. In Kombination mit technischer Fehleranalyse (I/V-Kennlinien, Mikroskopie, SEM) ergibt sich ein klares Bild:

  • ESD zeigt sich in der Statistik meist als Frühschäden.
  • EOS tritt oft später auf und spiegelt sich in Verschleißmustern wider.

Damit lässt sich nicht nur besser unterscheiden, was im Feld passiert, sondern auch, wo man ansetzen muss: ESD-Schutzmaßnahmen in Design & Handling vs. Robustheit gegen Überspannungen und thermische Überlast.


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